Das war das Ziel der
Schulausbildung:

Erziehung zu sozialistischen Persönlichkeiten
im Geiste von Marx, Engels und Lenin.

Wie sah das konkret aus?
Entweder sprach man ein Lippenbekenntnis zum Sozialismus oder man wurde massiv agitiert und verbogen. Die meisten jedoch beugten sich und konnten so in Ruhe in der DDR leben.

 

Dieses Erlebnis hat mein Leben traumatisch geprägt:
5. Klasse. Wir hatten Vertretungsunterricht beim Direktor. Um Direktor zu sein musste man besonders rot sein, 150 %ig. Die trugen schließlich die Verantwortung für die sozialistische Erziehung, rekrutierten die Kampfreserve der Partei.
Der Unterricht begann so: „Wer von euch ist Christ? Steht auf!“ Ich war so erzogen und wollte es auch. Ich stand also zögerlich auf, mit mir noch ein Mädchen in der Klasse. Zum Rest der Klasse gewandt fuhr der Direktor fort: „Stellt euch vor, DIE glauben, dass es einen Gott gibt, der die Erde geschaffen hat. Wie soll das gehen? Wenn er mit seinen großen Pfoten die Erde wie einen Kloß geformt hat, wie soll er dann auch die feinen Strukturen eines Farnblattes machen?“ Ich stand da mit rotem Kopf. Es ist klar, auf welcher Seite die Lacher waren…

Als Christ war man ein Außenseiter. Abgestempelt als von gestern und bemitleidenswert. Zu den Pionieren durfte ich nicht gehen. Das war für den politischen Standpunkt gut, aber nicht für meinen Selbstwert, ich fühlte mich noch mehr als Außenseiter. Nur aus diesem Grund bin ich dann später in die FDJ gegangen.
Natürlich sah es mit meinem Selbstbewusstsein nicht besonders rosig aus.
Das war das Ziel der sozialistischen Erziehung, willenlos mit schwimmen und die Partei für sich entscheiden lassen oder einen nicht konformen Willen brechen.
Viele Jahre hat es gedauert, bis ich zu einem Selbstwert gefunden habe, den mir kein Mensch so schnell nehmen kann.

Diese atheistische Erziehung der Jugend war eine sozialistische Errungenschaft. Das war eines der wenigen Dinge, die geklappt haben.
Noch heute zehren wir von diesem sozialistischen Erbe. Ostdeutschland ist nach Nordkorea das atheistischste Land der Welt. Das wusste mein Direktor damals wahrscheinlich nicht, dass er und nicht ich in der Weltgemeinschaft der Menschen ziemlich allein dasteht.

Wie froh bin ich, dass es heute auch alternative Schulkonzepte gibt, die den Selbstwert fördern. Meine Frau ist im Vorstand der Freien Reformschule „Franz von Assisi“ Ilmenau und erlebt immer wieder, wie Kinder zu selbständigen und verantwortungsbewussten Persönlichkeiten heranreifen können.

Es ist klar, dass für mich der Weg zum Gymnasium nicht möglich war. Das Lippenbekenntnis konnten andere besser sprechen als ich…

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